Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Liebe Brüder und Schwestern, das heutige Evangelium zeichnet uns das schreckliche Bild, das den Tod des größten Propheten wiedergibt, von dem der Erlöser Selbst bekannte: “Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer”. Alles in diesem düsteren Bild trägt die Spur von etwas Schrecklichem, Unbeschreiblichem. Diese unglückliche Frau, die bei Tische den Vorsitz hat, dieser Tanz voller Irrsinn, der laute Beifall der Schlemmer – und dann plötzlich dieser Kopf, der vom warmem Blut dampft, vom Henker übergeben, auf einer Platte gebracht und von einem jungen Mädchen serviert wird, das ihn ihrerseits, ihrer Mutter weitergibt. Es ist eine höllische Mischung aus Hass und wahnsinniger Belustigung, Tanzen und Mord, Blut und Wollust. All das lässt das Herz zittern und erfüllt es mit Entsetzen.
Bei der Lektüre der Heiligen Schrift und insbesondere der Biografien derjenigen, die die größten Zeugen Gottes auf Erden waren, fragt man sich unwillkürlich: Warum ist das so? Die allermeisten Menschen genießen ein ruhiges, stilles Dasein auf Erden, erhalten Freude und Trost in ihren alltäglichen Sorgen. Aber für sie, die Auserwählten Gottes, die treu und fest im Glauben Stehenden, hält Gott ein so schreckliches Leben voller Qualen und Verfolgung, und oft auch noch einen schrecklichen Tod bereit.
Schauen Sie sich an, welchen Tod sie sterben: Der Prophet Jesaja wurde von Manasse in Stücke gesägt, Zacharias am Altar getötet, Stephanus gesteinigt, der Apostel Jakobus enthauptet, der Apostel Petrus gekreuzigt, der Apostel Paulus wurde mit dem Schwert enthauptet. Dies sind nur einige Beispiele aus der zahllosen Zahl von Märtyrern. Und wie viele es waren, weiß nur der Herr …
Aber bei all diesen Märtyrern ist der Tod von Johannes dem Täufer der Schrecklichste.
Stellen Sie sich den Palast des Herodes vor, der von Lichtern hell erleuchtet, voll prallen Lebens ist, in dem es ein Festgelage mit gibt, und darunter einen düsteren, feuchten Kerker, wo Stille herrscht, von wo aus es scheint, dass es keinen Weg hinaus ins Licht gibt, zur Freiheit. Ein Mann schmachtet in diesem Kerker. Mitten in der Nacht sind die schweren Schritte eines groben, rücksichtslosen Kriegers zu hören, der herabsteigt. Das gedämpfte Geräusch eines schwer fallen gelassenen Schwertes ist zu hören – und alles ist vorbei. War er in einem Traum gefangen oder betete er? Könnte er das letzte Wort haben? Wir nicht was nicht bekannt ist, außer einer toten Totenstille. So starb derjenige, den Jesus Christus selbst den größten Propheten nannte. Und wenn man vor einem solchen Tod keine andere Hoffnung hätte als diese sterbliche sichtbare Welt, müsste man ausrufen: „Nichtigkeit der Nichtigkeiten!“, man könnte vom Leben enttäuscht sein. Aber wir sind getröstet von der hellen Hoffnung, dass die Gerechten niemals sterben, der Tod ist unmöglich für diejenigen, die Gott mit der ganzen Kraft ihrer Seele und ihres Herzens gedient haben.
Sie sterben nicht. Der Vorläufer des Herrn spricht auch jetzt noch zu uns, und seine Stimme ist immer noch stark darin, die Bösen zurechtzuweisen: „Du sollst die Frau deines Bruders nicht haben“ (Mk 6, 18). Beim Herrn bleibt keine gute Tat unbelohnt. Wenn die bescheidenste unsichtbare Selbstaufopferung nicht unbelohnt bleibt, was können wir dann über das Martyrium Johannes des Täufers sagen! Er legte damit quasi das Fundament der Kirche. Die Kirche verdankt ihre Existenz solchen Säulen des Glaubens, die ihre Basis bilden. Nur mit einer solchen Selbstverleugnung konnte die Kirche entstehen und wachsen. Wenn wir ein riesiges Gebäude sehen, dann stellen wir uns sofort sein Fundament vor, ohne das dieses Gebäude nicht halten oder stehen könnte. Dieses Fundament ist zwar nicht sichtbar, aber ohne diese versteckten Steine würde das Gebäude beim ersten Windhauch und beim ersten Anzeichen eines Sturms einstürzen. Und wenn die christliche Kirche jetzt in der Welt existiert, das heißt eine Zuflucht darstellt vor allen irdischen Leiden, ein Hort, in dem die Seele aus ihren irdischen Fesseln ausbrechen kann, eine geistige Heimat findet, in der sie zu glauben, hoffen und lieben vermag, dann nur deshalb weil dieser Existenz unzählige Selbstaufopferungen, unbekannte Tode, unerkannte Leiden, stille Selbstaufopferungen zugrunde liegen, deren Wert, niemand zählen kann. Stellen Sie sich die Erstürmung einer Festung vor! In den die Festung umgebenden Gräben liegen bereits die zu Hunderten gefallenen Belagerer, über diese Leichname ziehen dann die triumphierenden Sieger hinweg. Dank dieser Helden, der Märtyrer für die heilige große Idee des Guten und Wahren, wird es uns möglich, an die Zukunft und den Triumph der Wahrheit zu glauben.
Aber es besteht kein Grund, meine Lieben, daran zu zweifeln, dass sich dieses traurige Ereignis durch eine besondere geheimnisvolle Bestimmung Gottes vollzog und so seine außergewöhnliche, äußerst erhabene und wohltätigen Absicht sich verwirklichte.
„Die ruhmreiche Enthauptung des Vorläufers geschah nach göttlichem Ratschluss, denn künden sollte er den Bewohnern der Unterwelt die Ankunft des Erlösers…“ (Kondakion vom Fest). Der Heiland der Welt wurde nicht nur von den Erdenbürgern, sondern auch von den bereits Verstorbenen erwartet, deren Zahl im Vergleich zu den Lebenden viel größer war. Es musste jemand der Letzte sein, der das Kommen des Überwinders von Tod und Hölle ankündigte. Und für diese Großtat wurde durch die Vorsehung Gottes Johannes der Täufer auserwählt, der das Erscheinen des Retters auf Erden vorhersagte. Herodes und Herodias, die die Wege Gottes nicht erkannten, vollzogen die geheime Bestimmung der göttlichen Vorsehung, obwohl ihre Schuld dadurch nicht abnimmt, denn sie handelten nach ihrem wahnsinnigen Willen zur Befriedigung ihrer Leidenschaften. Die Wege Gottes sind unergründlich.
Der Hl. Johannes hatte bereits viele Kronen für seine heldenhafte Askese erworben und nun wurde ihm noch eine neue Märtyrerkrone gegeben, die zugleich eine neue Mission darstellte, nämlich Vorläufer und Verkünder des Erlösers all jener in der Hölle zu sein, die dort auf Sein Kommen warteten. Als die beim Festmahl zu Tische Liegenden den Kopf von Johannes dem Täufer auf der Platte betrachteten, stand der Hl. Johannes Bereits inmitten der himmlischen Herrlichkeit vor der Versammlung der Gerechten und verkündete ihnen das Kommen Christi, des Erlösers, den sie seit Ewigkeiten erwarteten.
Aber davon wusste niemand, und über seinen Tod wurden natürlich viele Tränen vergossen und es gab viel Verwirrung und Enttäuschung, die zum Ausdruck gebracht wurden: Gibt es denn überhaupt eine Vorsehung Gottes und lohnt es sich, gerecht zu leben, wenn ein Gott wohlgefälliges Leben keine Belohnung erhält, wenn Johannes im Gefängnis von Herodes enthauptet wird? Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns angesichts des gesegneten Hinscheidens dieses Gerechten beten: Möge sein Eifer für die Gerechtigkeit Gottes auch uns eine Warnung sein, damit wir vor Gesetzlosigkeiten fliehen und unsere Seelen für die Gerechtigkeit entflammen, um für die Wahrheit Gottes zu stehen, vielleicht sogar bis zum Tod selbst, denn dafür erwartet uns eine Belohnung vom Herrn im Jenseits. “Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich” (Mt 5,10). Lasst uns heute zum heiligen Johannes dem Täufer beten, auf dass auf seine Fürbitte hin er unseren irdischen Weg segnen möge, damit auch wir würdig seien, das ewige Leben zu erlangen. Amen.