Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Liebe Brüder und Schwestern, zwei Wochen vor dem Weihnachtsfest erinnert uns die Heilige Orthodoxe Kirche an sein Näherkommen und bereitet uns darauf vor, es würdig zu feiern.
An diesem ersten Vorbereitungssonntag erinnert sie sich an die Heiligen, die vor der Geburt Christi gelebt haben, die Propheten und alle gottesfürchtigen Männer des Alten Testaments, die treu das Kommen des Erlösers erwarteten, daher wird er der Sonntag der heiligen Vorväter genannt. Mit dieser Erinnerung nimmt er uns gedanklich mit in die Tage des Alten Testaments, in die Tage vor dem Erscheinen des verheißenen Erlöser, und um uns durch jene, die durch ihr gottgefälliges Leben glänzten, zu ermutigen, moralisch zu läutern.
Alle Vorväter lebten in der Hoffnung auf einen Erlöser, der kommen würde, und sie brachten immer wieder ihren Glauben an ihn zum Ausdruck. Aber in dieser Zeit wartete eine kleine Zahl frommer Menschen auf das Kommen des Erlösers Christus auf der Erde und nahm Ihn auf. Der große Teil des von Gott auserwählten Volkes Israel jedoch erkannte Christus, den Retter, nicht an, sie lehnten Gottes Stimme und Vorsehung zu ihrer Rettung ab und beraubten sich selbst des ewigen, seligen Lebens, wie wir es heute im Heiligen Evangelium gelesen haben.
Der Evangelist Lukas berichtet, wie unser Herr zu Tische lag bei einem vornehmen Pharisäer und einer der Gäste “sagte er zu Jesus: Selig, wer im Reich Gottes am Mahl teilnehmen darf. Jesus sagte zu ihm: Ein Mann veranstaltete ein großes Festmahl und lud viele dazu ein. Als das Fest beginnen sollte, schickte er seinen Diener und ließ den Gästen, die er eingeladen hatte, sagen: Kommt, es steht alles bereit! Aber einer nach dem andern ließ sich entschuldigen. Der erste ließ ihm sagen: Ich habe einen Acker gekauft und muss jetzt gehen und ihn besichtigen. Bitte, entschuldige mich! Ein anderer sagte: Ich habe fünf Ochsengespanne gekauft und bin auf dem Weg, sie mir genauer anzusehen. Bitte, entschuldige mich! Wieder ein anderer sagte: Ich habe geheiratet und kann deshalb nicht kommen. Der Diener kehrte zurück und berichtete alles seinem Herrn. Da wurde der Herr zornig und sagte zu seinem Diener: Geh schnell auf die Straßen und Gassen der Stadt und hol die Armen und die Krüppel, die Blinden und die Lahmen herbei. Bald darauf meldete der Diener: Herr, dein Auftrag ist ausgeführt; aber es ist immer noch Platz. Da sagte der Herr zu dem Diener: Dann geh auf die Landstraßen und vor die Stadt hinaus und nötige die Leute zu kommen, damit mein Haus voll wird. Das aber sage ich euch: Keiner von denen, die eingeladen waren, wird an meinem Mahl teilnehmen (Lk 14, 15 - 24).”
Mit dem Bild des gütigen Hausherrn in diesem Gleichnis ist Gott, der himmlische Vater, gemeint, der uns immer zu seinem Abendmahl ruft, d.h. zum Himmelreich, das bei Grundlegung der Welt für uns bereitet wurde, das wir erben sollen durch die Annahme des Glaubens an unseren Erlöser Christus, den Retter, und das bereitet ist, am Ende der Welt offenbar zu werden.
Der Knecht bedeutet in der Auslegung der Heiligen Väter in diesem Gleichnis der eingeborene Sohn Gottes, der um unseres Heils willen die Gestalt eines Sklaven angenommen hat und Der uns immer wieder zuruft: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich werde euch Ruhe verschaffen (Mt 11, 28).
Am ehesten lässt sich dieses Gleichnis auf die zeitgenössischen Juden und Heiden unseres Herrn Jesus Christus anwenden, die im Laufe vieler Jahrhunderte von der Vorsehung Gottes zur Aufnahme des Retters und zum Eintritt in die Kirche Christi vorbereitet wurde, aber in ihrem hartnäckigen Unglauben und ihrer Verliebtheit in die Eitelkeiten des Lebens und die Freuden der Sünde, waren sie nicht bereit, zum Hochzeitsmahl des Sohnes Gottes zu kommen und in den Schoß seiner heiligen Kirche einzukehren. Während er selbst, der Bräutigam der Kirche, und seine Freunde, die heiligen Apostel und Propheten, sie auf den Weg der Umkehr und des Heils durch Jesus Christus riefen.
Nachdem die geladenen Gäste des Hochzeitsmahls sich als nicht würdig erwiesen hatten, lud der Diener Gottes auf Geheiß seines Herrn alle Armen zum Fest ein, all die Krüppel, die Lahmen und die Blinden, die dankbar auf die Einladung reagierten und an dem Festmahl teilnahmen. Unter den Armen, den Krüppeln, den Blinden und den Lahmen versteht man Menschen, die wahrhaftig von Natur aus beeinträchtigt sind, die aber mit größerer Bereitschaft auf die Einladung Gottes reagieren, um dem Herrn zu folgen und das Himmelreich zu erlangen. Wie auch der Apostel Paulus sagt: "Seht doch auf eure Berufung, Brüder! Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott (1 Kor 1, 26-29).”
Mit Bettlern und Armen könnte man Menschen meinen, die moralisch und geistig unvollkommen sind, Menschen, die in Irrtum und Lastern versinken, nicht von Natur aus mit Tugenden ausgestattet, die jedoch dem Ruf des Herrn mit Reue folgten und als erste in das Reich Gottes eingehen werden.
Obwohl sich dieses Gleichnis, wie bereits gesagt, am ehesten an das zur Zeit Jesu Christi lebende Volk wendet, besitzt es für uns alle größte Bedeutung. In ihm findet jeder, wenn er nur aufmerksam auf die Stimme seines Gewissens hört, eine Darstellung seines eigenen Verhältnisses zur Kirche Christi, zu seiner eigenen ewigen Erlösung. Aus dem Gleichnis wird ersichtlich, dass zunächst Menschen zum Mahl eingeladen wurden, die mit gesetzeskonformen Arbeiten beschäftigt oder von familiären Freuden erfüllt waren. Diese stellen keine Beleidigung der Güte Gottes dar, hat Er selbst doch die Gebote gegeben, die Arbeit und die Ehe betreffend. Und doch ist das Schicksal dieser Männer, die einer legitimen Arbeit nachgehen und sich unschuldigen Vergnügungen hingeben, ein sehr unglücklicher Fall. Letztlich endet es für sie alle damit, dass sie vom Hochzeitsmahl ausgeschlossen werden und zugrunde gehen.
Warum ist das so? Natürlich, sie werden nicht deshalb verurteilt, weil sie gearbeitet oder sich familiärer Freuden hingaben, sondern, weil sie inmitten ihrer alltäglichen Sorgen und Geschäften sich mit ihrer ehrenwerten Stellung wichtig machten und süchtig nach ihrer Arbeit, ihrem Handel und ihren Vergnügungen, ihre Pflicht zu Gehorsam und Ehrfurcht gegenüber ihrem Herrn vergaßen und vernachlässigten so die Einladung zu Seinem Festmahl.
Auch unter uns, liebe Brüder und Schwestern, mag es Menschen geben, die, mit bekannten guten Eigenschaften, Vorzügen und Tugenden ausgestattet sind, ihre Zeit mit verschiedenen Arbeiten, Beschäftigungen, harmlosen Vergnügungen verbringen, doch inmitten ihrer Arbeiten und Ablenkungen vergessen sie vollkommen Gott und ihre Pflichten ihm gegenüber. In ihrem stolzen Vertrauen auf die eigene Gerechtigkeit, halten sie Gottes Gnaden, Gaben und Wohltaten für unnötig und weigern sich entschlossen, Werke der Selbstverleugnung zu tun und bleiben taub für jeden Aufruf zur Erlösung.
Sucht nach dem Irdischen, nach Vergnügen, Reichtum und Vergnügungen dieses Zeitalters, die Sucht nach einzelnen Personen des anderen Geschlechts macht den Menschen taub gegenüber der Einladung ins Reich Gottes, und er antwortet, wie die zum Mahl Geladenen im Evangelium: Ich kann nicht kommen, bitte entschuldige mich. Natürlich werden diese Eingeladenen das Abendmahl nicht schmecken und auch nicht die ewige Seligkeit genießen, von der sie sich selbst ausschließen.
Während ihres irdischen Lebens haben sie nichts erworben für das Leben in den Wohnungen des Himmlischen Vaters. Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Sanftmut, Barmherzigkeit, Güte, Mäßigung, Glaube (vgl. Gal 5, 22f.) sind die Eigenschaften, die dem Menschen die Tore des Himmels öffnen und ihn in die paradiesischen Gefilde führen. Aber diese Eigenschaften, die die Früchte des Geistes sind, sind denen, die nach den Regeln des Fleisches leben, unbekannt und unzugänglich, jenen, die nur für das Irdische leben, ohne an den Himmel, an Jesus Christus und seine Gebote zu denken.
Und so, ohne offensichtlich schwere Sünden, ohne die Seele erschütternde Gräueltaten eines irdischen und wollüstigen Menschen, der sich seinen weltlichen Freuden und Vergnügungen hingibt, dabei Gott vergessend, wird letztendlich der ewigen Verdammnis unterworfen: “Wer auf sein Fleisch sät, wird von seinem Fleisch Verderben ernten (Gal 6,8).”
Und dann gibt es die Menschen, die später von Straßen und Plätzen gerufen wurden, die weniger begabt und zum Leben befähigt sind, erweisen sich als empfänglicher, und der Ruf Gottes an sie ist eher von Erfolg gekrönt als bei denjenigen, die sich mit ihrer Gerechtigkeit oder ihren Gaben wichtig machen.
Die Armen im Geiste, die sich ihrer Nichtigkeit bewusst sind, ihrer moralischen Armseligkeit und ihrer Unfähigkeit, ihr Heil aus eigener Kraft zu erreichen, die hungrig und durstig sind nach Gerechtigkeit, antworten mit aller Inbrunst auf die Einladung ins Reich Christi, zum christlichen Leben. Aus ihrer Mitte kommen die besten Gäste beim Hochzeitsmahl des Lammes Gottes, das die Sünden der Welt wegnimmt.
All die großen Menschen, die der Kirche durch ihre Taten Gutes getan haben, alle großen Hirten und Lehrer der Kirche, die heiligen Märtyrer, die mit ihrem Tod ihre unsterbliche Liebe zu Christus besiegelten, die heiligen Asketinnen und Asketen und alle Heiligen Gottes kamen aus den Reihen der Armen im Geiste, und triumphieren nun beim Hochzeitsmahl des sanftmütigen Lammes.
Viele von denen, die mit intellektuellen und moralischen Gaben schlecht ausgestattet sind, die Lahmen, die Blinden, reihen sich bei den Auserwählten Gottes ein.
Und viele von denen, die die ihnen anvertrauten Gaben Gottes missbraucht und für lasterhafte und schändliche Taten verschwendet haben, haben später von ganzem Herzen bereut, heilten ihre von der Sünde entstandenen Wunden und legten die strahlenden Hochzeitsgewänder an. Darin bestärken uns viele Heilige, die nach einem sündigen, lasterhaften Leben rein und rechtschaffen wurden, wie die ehrwürdige Maria von Ägypten oder der ehrwürdige Mönch Moses von Murin.
Schwestern und Brüder! Auch wir gehören zu den ins Reich Gottes Gerufenen. Seien wir deshalb aufmerksam gegenüber der Stimme Gottes, eingedenk dessen, das es eine Grenze unserer irdischen Existenz gibt, dass die Zeit kommt, wenn die Barmherzigkeit des Herrn, die uns jetzt zur Umkehr und Läuterung auffordert, der Gerechtigkeit und dem gerechten Zorn Gottes Platz machen wird. “Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag der Rettung (2 Kor 6, 2).
Lasst uns durch Umkehr und Reue läutern, damit wir das Weihnachtsfest mit reinem Gewissen und geistiger Freude feiern können. Aus der Fülle der Freude und voller Gefühl wollen wir dem in Bethlehem geborenen Sohn Gottes singen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen (vgl. Lukas 2,14). Amen.