Metropolit Antonij von Surosch
Fresco über die Erschaffung der Welt
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Immer wieder lesen wir im Evangelium vom Zorn, den der Herr Jesus Christus durch eine Tat der Barmherzigkeit, ein Heilungswunder an einem Sabbat, hervorrief. Und wir kommen nicht umhin, uns die Frage zu stellen, warum er das so beständig, so beharrlich, mit solcher Hartnäckigkeit? Wollte Er diejenigen herauszufordern, die ihn umgeben? Wollte Er sie vielleicht provozieren? Könnte es einfach eine erzieherische Maßnahme sein?
Ich glaube, dass viel mehr in Seinem Handeln steckt. Der Herr hat die Welt in sechs Tagen erschaffen. Am siebten Tag ruhte er sich von seinen Mühen und Anstrengungen aus. Aber was ist dann mit der Welt passiert? Der siebte Tag war der Tag, an dem die Welt in die Hände des Menschen kam, um zu ihrer Vollendung und zu ihrer Vollkommenheit gebracht zu werden. Der siebte Tag, der Sabbat des Herrn, ist der Tag des Menschen. Die gesamte Menschheitsgeschichte fällt auf diesen Tag. Aber Gott hat den Menschen nicht allein weiterarbeiten lassen. So sagt der Herr Jesus Christus im Evangelium nach Johannes: „Mein Vater wirkt bis jetzt und auch ich wirke...Denn der Vater liebt den Sohn und zeigt Ihm alles, was Er selbst tut.“ Und an einer anderen Stelle lehrt er uns, dass sein Gericht gerecht ist, weil es nicht Sein Gericht ist. Jesus hört die Worte des Vaters und das ist das Gericht, das er verkündet.
Die Geschichte ist also der Tag des Menschen, aber der Mensch ist berufen, sich von der Weisheit, von der Liebe Gottes leiten zu lassen. Weil wir so oft nach unseren eigenen Wegen suchen, weil wir uns selbst nicht fragen, wie Gott in der einen oder anderen Situation vorgegangen wäre, ist die Welt so hässlich, so beängstigend und so tragisch geworden. Es gibt ein hebräisches Gedicht, das das Elend dieser Welt beschreibt, wenn der Mensch die Liebe Gottes nicht in sie herein bringt; Es heißt: „Der Mensch hat aufgehört, an Gott zu glauben, und die Liebe hat diese Welt verlassen. Männer haben sich in Wäldern erhängt, sich in Seen, in Flüssen ertränkt. Der Himmel spiegelt sich nicht mehr in den Seen, im Wald. Der Vogel singt keine Paradieseslieder mehr, und selbst der Prophet auf seinem Podest ist zu einer bloßen Statue geworden.“
Sind wir nicht so geworden? Keine Statuen, sondern so etwas wie die Frau von Lot, die sich umdrehte und zur Salzsäule wurde. Wir sind Salz geblieben und doch versteinert, unbeweglich, erfüllen wir diesen unseren Auftrag auf Erden nicht. Christus zeigt uns durch das Wirken seiner Wunder, seiner Handlungen der Liebe und des Mitgefühls am Sabbat immer wieder, wer der einzig wahre Mensch ist, der einzige Mensch, der in absoluter Einheit mit Gott ist, was unsere Rolle sein sollte. Nehmen wir die Geschichte der Menschheit an, nehmen wir jede Situation an, in der wir uns oder andere sich befinden, und tragen sie in einem Akt der Barmherzigkeit und der Liebe auf unseren Schultern. Ein westlicher Schriftsteller hat gesagt, dass ein Christ derjenige ist, dem Gott die Sorge Seiner Welt und der anderen Menschen anvertraut hat. Erledigen wir diese, unsere grundlegende, zentrale Mission, ist sie uns wichtig? Wir mögen uns mit Zärtlichkeit kümmern, wir mögen uns eindringlich kümmern, aber wir müssen uns kümmern. Und dann kann dieser siebte Tag, an dem Gott in seiner Barmherzigkeit und Liebe diese Welt in unsere Obhut gegeben hat, immer noch der Tag des Herrn werden. Und die Stadt des Menschen, die ohne Gott erbaut wurde, die so oft wie der Turm von Babel ist, kann sich noch entfalten und die Größe und Heiligkeit der Stadt Gottes erreichen, in der der Herr Jesus Christus, wahrer Gott aber auch wahrer Mensch, berufen ist, ein Bewohner dieser Stadt zu sein, das Herz von ihm, aber auch einer von uns.
Ist dieser Aufruf nicht großartig genug? Ist Gottes Glaube in uns nicht inspirierend genug? Werden wir Seine Hoffnung vereiteln, seine Liebe zu uns oder zu anderen ablehnen? Oder lernen wir aus der Art und Weise, in der Christus seine menschliche Berufung am Tag des Herrn erfüllt? Werden wir nicht von ihm lernen und gemeinsam mit ihm die Welt aufbauen, wie Gott sie erträumt, gewollt hat und noch immer liebt in Seinem Leiden und so oft in unserem Verrat an Ihm!
Lasst uns lernen, einander aktiv zu lieben, die Bürden des anderen zu tragen, auf den lebendigen Gott zu hören, wenn er spricht, mit all unserer Energie zuzuhören, auf seine Wege zu schauen und diejenigen zu sein, die seinen Willen erfüllen und die Welt in die vollkommene Schönheit zu verwandeln, die er für sie gewollt hat! Amen.
(vom 9. Dezember 1979)