Das Evangelium, das wir heute lesen, ist eine Garantie dafür, dass Heilung von der Sünde für uns möglich ist. Natürlich geschieht sie auf geheimnisvolle Weise und kann nicht mit jedem geteilt werden. Es ist notwendig, zu Gott um diese Heilung zu beten, mit ihm privat zu sprechen, im Geheimnis unserer Seele. Es ist notwendig, Ihn ständig zu fragen, denn niemand kann die Tiefe der Sünden kennen, nur Gott, der Herr und wir selbst. Und wenn wir vor Gott in den Staub fallen und bitten: Herr, heile uns! Wenn wir nach einem solchen inbrünstigen Gebet zu Gott Ihn berühren, zur Kommunion gehen, dann wird der Herr uns durch Seine Gnade heilen. Aber wenn wir nicht vermögen so zu beten, dann empfangen wir die Kommunion nur zum Gericht und zur Verurteilung.
Was nützt es, wenn wir nur unsere Sünden festhalten und benennen: Ich bin sündig in diesem, sündig in jenem, sündig in diesem? Das ist keine Reue, das ist nur eine Aufzählung. Reue ist, wenn ein Mensch die Sünde von sich weist, und dann zerstört die Gnade Gottes sie. Warum ist es in der russisch-orthodoxen Kirche üblich, vor der Kommunion zu beichten? Weil, wenn wir Buße tun, wenn wir die Sünde aus unserer Seele herausnehmen, sie bekennen, das heißt, wenn wir sie mit der Wurzel herausreißen, dann zerstört die Gnade Gottes diese Sünde außerhalb unserer Seelen. Wenn wir aber die Sünde nur benennen, bleibt sie in uns. Und wenn die Sünde in unserer Seele bleibt, wenn wir sie nicht ausmerzen, dann verbrennt das göttliche Feuer unsere Seele. Deshalb sagt Apostel Paulus: “Darum sind viele von euch schwach und krank, und viele sterben.” Denn wir empfangen das Abendmahl unwürdig, ohne Reue.
Und manche Leute sagen: "Nun, im Ganzen betrachtet, habe ich in allem gesündigt, aber so im Allgemeinen habe ich eigentlich gar nicht gesündigt. Und in dieser Gesinnung gehen sie zum Kelch. Und was ist das Ergebnis? Ist das gut für die Seele? Nein, es ist schädlich, denn so brennt das Gewissen des Menschen. Wenn jemand anfängt, ohne Reue die Heilige Kommunion zu empfangen, nur weil es Sonntag oder ein Feiertag ist, dann verliert er sogar das Verständnis dafür, warum er die Heilige Kommunion empfängt. Warum eigentlich? Nur um die Kommunion zu empfangen? Und wenn der Priester ihm die Kommunion nicht gibt, dann nimmt er Anstoß daran - und das ist bereits ein Beweis dafür, dass die Person weder Demut noch Verständnis für das hat, was sie tut. Er hat gerade mit einer solchen Gewohnheit des Kommunionempfangs begonnen, und es gibt kein geistliches Wachstum, im Gegenteil, er sinkt immer tiefer in den Abgrund der Hölle.
Simeon, der neue Theologe, sagt: Hier auf der Erde nimmst du teil am Abendmahl, aber im Himmel nicht mehr. Es findet keine Vereinigung des Menschen mit Gott statt. Aber wenn die Seele die Gnade Gottes nicht empfangen kann, bedeutet das, dass sie von Sünde erfüllt ist und es keine Reue gibt. Denn nur die Reue kann uns eine Möglichkeit geben, Gott näherzukommen. Und Reue ist nicht die Aufzählung unserer Sünden. Reue bedeutet, die ganze Struktur des Lebens, der Gedanken, des Herzens zu ändern. Es bedeutet, Gott das Versprechen zu geben, sein Leben von diesem Augenblick an zu korrigieren, in dem du bereut hast. In diesem Fall dient die Kommunion als lebensspendende Kraft, die uns befähigt, die Sünde zu überwinden. Wenn wir so gehandelt hätten, wäre die Heilung natürlich sofort eingetreten, wie bei der blutflüssigen Frau. Und wenn sie früher daran gedacht hätte, Gott zu bitten: “Herr, heile mich!”, wäre sie bereits früher geheilt worden. Aber es dauerte zwölf Jahre der Krankheit und des Verbrauchs ihres gesamten Vermögens. Wie sehr hatte sie gelitten!
So geht es eigentlich allen Menschen. Sie ziehen irgendwo in der Welt herum, leben, heiraten, lassen sich scheiden, bekommen Kinder, zanken sich, verdienen Geld, verlieren es, kaufen sich etwas, hetzen und hasten - und dann geht das Leben mit einem Mal den Bach herunter. Wenn dann der Mensch völlig ruiniert ist und nirgendwo mehr hin kann, dann kommt er in die Kirche und sagt: Herr, hilf! Gott hilft natürlich, wenn dieser Ruf aus der Tiefe der Seele kommt, wenn wirklich ein Verlangen da ist, und nicht nur für den Fall, dass es ja vielleicht hilft. Wenn es wirklich einen starken Wunsch gibt, wenn ein Mensch wirklich vor Gott niederfällt, ist der Herr barmherzig, er will jedem helfen. Und wenn es kein Verlangen gibt, dann fragen wir: warum sollen wir in die Kirche gehen? Wir zum Beispiel sind alle in die Kirche gekommen. Warum sind wir gekommen? Wenn wir nicht gereinigt werden wollen, wozu sind wir dann hingegangen? Schließlich hat der Herr die Kirche nicht nur gegründet, um Kinder zu taufen, Tote zu begraben, zu heiraten und Gebetszettel abzugeben. Auch die Chinesen beten für ihre Toten wie die Japaner, und die Muslime heiraten, und alle Völker mit ihren verschiedenen Religionen weihen ihre Kinder irgendwie Gott. Aber keine andere Religion gibt dem Menschen die Möglichkeit, sich mit Gott zu vereinen, sondern nur das orthodoxe Christentum.
Uns wird diese Möglichkeit gegeben, aber diese Vereinigung mit Gott findet nicht statt. Worin unterscheiden wir uns dann von den Muslimen? Durch nichts! Was für einen Glauben haben wir? Es stellt sich heraus, dass er eher dem Islam ähnelt: Wir erfüllen einige Vorschriften, aber es gibt keine lebendige Verbindung mit Gott. Was wir haben, ist ein unschätzbarer Schatz! Gott gibt uns die Möglichkeit, geheilt und verwandelt zu werden. Diese Möglichkeit, die es nirgendwo, in keiner Religion, gibt, nutzen wir nicht. Der Herr hat die Frohe Botschaft auf die Erde gebracht, wie man vom Sünder zum Heiligen wird. Er selbst hat diesen Weg aufgezeigt. Dieser Weg ist sehr kompliziert, schwierig, deshalb nannte ihn der Herr den schmalen Weg. Aber es gibt diesen Weg, und wenn wir ihm nicht folgen wollen, dann gehen wir umsonst in die Kirche. Es hat keinen Sinn, in die Kirche zu gehen, wenn wir nicht bereit sind, uns zu verändern, wenn wir nicht jeden Tag besser, reiner, heiliger werden.
Das ist es, wonach wir streben sollten. Aber unsere Bestrebungen bestehen darin, dass alles in unserem Leben glattläuft. Wir streben nach rein äußerlichem Wohlergehen, dass niemand erkrankt, dass niemand beleidigt ist, dass es genug Geld gibt, dass alle uns bemitleiden, lieben und willkommen heißen, dass wir andere besuchen, dass das Leben spannend und interessant ist. Aber hat der Herr sein Blut vergossen, damit wir hier auf Erden eine kulturvolle Zeit verbringen können? Nein, natürlich nicht. Das Christentum fordert von uns Anstrengungen. Wir haben in der Kirche den Brauch, ein Kreuz um den Hals zu tragen. Und auf der Kirche haben wir ein Kreuz stehen, und in der Kirche, wohin man auch sieht, gibt es überall ein Kreuz. Das soll uns daran erinnern, was das Christentum ist. Das Christentum bedeutet Kreuzigung, Blutvergießen, aber wir wollen ein kulturvolles, friedliches Leben und dass alles gut wird. Wo ist da der Zusammenhang? Es gibt keinen Zusammenhang. Das Christentum ist Leiden, das man freiwillig auf sich nimmt, es ist der Wunsch, die Sünde mit Fleisch und Blut aus der Seele zu reißen. Das ist sehr schmerzhaft, und wir wollen nicht leiden. Deshalb ist unser Christentum aufgeblasen, eine Seifenblase. Es unterscheidet sich in nichts von den selbstgefälligen Baptisten, den törichten Zeugen Jehovas oder den überschwänglichen Pfingstlern. Denn wenn es keinen Kampf gegen die Sünde gibt, und das ist der Sinn der Orthodoxie, dann gibt es keine echte Orthodoxie in unserem Leben.
Wir haben also noch einen langen Weg bis zur Orthodoxie vor uns. Und das heutige Evangelium lehrt uns, wie wir das tun können. Wir müssen ständig zu Gott beten. Nicht nur Gebete lesen, sondern beten! Sowohl in der Morgen- als auch in der Abendregel gibt es viele Gebete, in denen von Umkehr, von der Änderung des Lebenswandels die Rede ist. Aber dadurch, dass wir sie nur mechanisch lesen, werden diese Worte nicht zu einem Gebet für uns. Deshalb gibt es auch keine Veränderung. Wenn wir nur die Gebete von Johannes Chrysostomus lesen würden, die vierundzwanzig kurzen Stoßgebete für jede Stunde des Tages bzw. der Nacht, und seien es nur diese, denn sie enthalten alles, was wir brauchen. Aber da wir mechanisch lesen, nur um es als erfüllt abzuhaken, nützt das natürlich nichts. Wir müssen von ganzem Herzen beten, Geist, Wille und Verlangen ins Gebet legen, dass wir wirklich alles erfüllen wollen, was dort geschrieben steht, und unsere Seele so zu verbessern, wie es dort geschrieben steht. Und wenn der Herr diesen Wunsch sieht, wird er zu uns sagen: Geht in Frieden, euer Glaube hat euch gerettet. Gestern warst du schlimmer als Vieh, aber heute wirst du ein Mensch sein - heute, wenn du es nur in der Tiefe deiner Seele wünschst.
Wenn du aus der Tiefe deines Herzens betest, wird der Herr dir alles geben. Denn wenn er sieht, dass ein Mensch aufrichtig betet, und nicht nur irgendeine Pflicht abarbeitet, eine bestimmte Anzahl von Worten liest, was der Mensch will, und dies nicht nur so dahinsagt: oh, es tut mir leid, ich werde es nicht wieder tun, aber morgen tut er es trotzdem wieder, sondern wenn sich dieser Mensch wirklich ändern will, dann wird der Herr sofort helfen. Und wenn du jeden Tag um diese Veränderung bittest und diese Veränderung so sehr willst, wie Jaïrus die Heilung seiner Tochter wollte und wie die kranke Frau von ihrer Krankheit geheilt werden wollte, dann wirst du geheilt werden. Diese Heilungsgeschichten aus dem Evangelium sind ein Beispiel für uns. Wurden sie geheilt? Sie wurden geheilt. Und nach ihnen wurden Millionen von Menschen geheilt. Denn wenn sie nicht geheilt worden wären, würde niemand in die Kirche gehen. Warum sollte man am Sonntagmorgen irgendwohin fahren? Dann doch besser ausschlafen! Und wenn die Menschen kommen, bedeutet das, dass Gott hilft. Natürlich geht niemand zu einem leeren Brunnen, um Wasser zu holen. Wir sollten also endlich anfangen, diese Gnade Gottes zu nutzen. Und die heutige Lesung aus dem Evangelium lehrt uns genau das. Amen.