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Gott wollte aus seiner Güte heraus um Sich herum vernünftige und freie Wesen haben, die an Seiner Göttlichkeit und Seinem Leben teilnehmen und an Seiner Natur Anteil haben (2 Petr 1,4). Dafür hat er die Welt der Engel geschaffen und dann auch den Menschen. Ein Teil der Engel hat seine Freiheit jedoch zum Bösen verwendet und wollte nicht in der Einheit mit Gott sein. Sie haben sich Gott entgegengestellt, sich im Stolz erhoben und sich so der Fähigkeit beraubt, am Göttlichen Leben teilzuhaben. Sie wurden deshalb vom Himmel verwiesen und gezwungen, auf der Erde herumzukriechen und ohne Gott zu sein, in ihren Leidenschaften zu brennen und sich von diesen zu nähren sowie für alle Tage ihres Lebens vom Staub der Erde zu fressen (Gen. 3,14).
Auch der Mensch ist gestürzt, wenn auch nicht so wie die früheren Engel. Schon vor der Erschaffung des Menschen hat der Herr vorausgesehen, dass der Mensch nicht in der Lage sein wird, Ihm immer treu und ergeben zu sein. Er hat gewusst, dass der Mensch die Gaben Gottes, wie beispielsweise das Leben in seinen charakteristischen Züge oder die Seligkeit im Paradies, nicht vollends zu schätzen weiß. Damit der Mensch diese Gaben aber zu achten lernt und den Herrn aus ganzem Herzen und mit ganzer Seele, mit alle seinen Gedanken und all seiner Kraft zu lieben beginnt, obliegt es ihm, einen besonderen Weg zu gehen, auf dem er ganz natürlich das Böse sowie diverse Leidenschaften und den Tod an sich ausprobieren kann, um so vollends zu begreifen, dass er, wenn er sich fern von Gott hält, immer Leiden wird. Der Mensch sollte so begreifen lernen, dass seine Seligkeit im Zwiegespräch mit Gott und seiner Liebe zu Ihm besteht.
Weiter sollte er aus eigener Erfahrung verstehen lernen, dass er selbst das Miteinander mit Gott nicht wiederherstellen kann. Dieses Miteinander ist nur möglich, wenn er sich von aller Besudelung seines Fleisches und seines Geistes reinigt. Die Erfahrung der Menschen über tausende von Jahren hat gezeigt, dass niemand sich selbst reinigen kann. Der Mensch, der nur auf seine eigene Kraft vertraut, muss im irdischen Leben unweigerlich fern von Gott sein und so auch nach dem Tod in der Hölle enden, ohne Gott.
Als die Menschheit dies endlich begriffen hat, hat der Herr etwas getan, bei dem der Himmel (die Welt der Engel) und auch die Erde (die sichtbare Schöpfung) zusammengezuckt sind. Um des Menschen und um unseres Heils willen ist der Herr Selbst vom Himmel herabgestiegen, hat durch den Heiligen Geist und die Jungfrau Maria Fleisch angenommen und ist Mensch geworden. Er hat es freiwillig auf sich genommen, verfolgt, bespuckt und geschlagen zu werden und ist am Kreuz gestorben, um den Menschen zu erlösen, nachdem Er sich mit ihm vereinigt und für ihn all das ertragen hat, was auch jeder Mensch ertragen sollte, um die Gemeinschaft mit Gott wiederherzustellen. Darin drückt sich eine solche Liebe Gottes aus, dass auch das härteste Herz durch diese Liebe weich wird und sich zu Gott hingezogen fühlt.
Um zum Heil zu gelangen, sollte der Mensch im Laufe seines Lebens an den Herrn zu glauben beginnen und seine eigene Sündhaftigkeit begreifen. Er sollte sich an den Herrn wenden und auf Dessen Liebe mit seiner Liebe antworten, wie auch diese beweisen, indem er nach Gottes Geboten lebt. Denn so macht er sich unfähig, seinen freien Willen gegen Gott zu richten. Er wird dazu unfähig, nicht weil er seinen freien Willen unterdrückt oder weil ihn äußere Umstände dazu anhalten, sondern weil er aus Liebe Gott ganz ergeben und von Dankbarkeit Ihm gegenüber erfüllt ist.
Wenn es irgendwelche anderen Wege zum Heil gibt, wie es einige Heilige Väter aus dem Grunde meinen, weil Gott allmächtig ist und deshalb einen Menschen auch auf anderen Wegen zum Heil führen kann, so meine ich doch, wenn ich von den Eigenschaften Gottes ausgehe, die Schlussfolgerung ziehen zu müssen, dass der von Gott aufgezeigte Weg der beste und kürzeste ist.
Das Ich, als Person, nimmt seine Existenz wahr, begreift sich als Zentrum von Allem und stellt sich als Subjekt allem gegenüber, was außerhalb seiner selbst und Objekt ist. Dabei ist dieses Objekt nicht nur die gesamte Schöpfung, sondern auch Gott. Von daher rührt die ständige Versuchung, sich selbst zu erheben und sich alles Objektive (und zu allem Schrecken auch Gott!) Untertan zu machen. Man neigt dazu, sich alles unterstellen zu wollen, als ob alles eine Fortsetzung des eigenen Ichs wäre. Je mehr Gaben ein Mensch in sich wahrnimmt, umso leichter verfällt er einem solchen Irrweg. Dabei „hilft“ ihm auch der Teufel, der endgültig eine ebensolche feindselige Haltung zu Gott und der Welt eingenommen hat.
Deshalb musste der Herr einen solchen Weg für den Menschen finden, dass dieser sich auch in der erneuerten Existenz nicht im Stolz überhebt wie der Teufel, sondern auf immer in der Liebe zu Gott gefestigt bleibt, sich Ihm auf immer unterordnet und nicht mehr die Möglichkeit besteht, von Ihm abzufallen. Da als Eigenschaft der Seele die Demut dem Stolz entgegengesetzt ist, messen das Wort Gottes, die Gottesmutter und die Heiligen Väter der Demut einen so hohen Wert bei. Ohne die Demut können einem Menschen auch keine besonderen asketischen Leistungen helfen. Es besteht immer die Möglichkeit, dass er dem Stolz verfällt und so von Gott abfällt. Nur die Liebe vereinigt den Menschen mit Gott, ohne Demut kann es aber auch keine Liebe geben.
Schlussfolgerung.