IGUMEN NIKON (WOROBJOW)
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Bei uns ist eine Nonne unter gewaltigen Schmerzen entschlafen. Man sollte den Herrn rechtzeitig um ein christliches Ende bitten, eines „ohne Krankheit und für das man sich nicht zu schämen braucht, eines in Frieden sowie auch eine wohlgesonnene Antwort beim Jüngsten Gericht“. Wir sollten uns unser Sterbebett vorstellen, seine Krankheiten und Nöte sowie die Dämonen, die dort erscheinen werden. Wir sollten uns unsere vielen Unzulänglichkeiten und dämonischen Züge unserer Seele und die daraus resultierende Macht der Dämonen über diesen Teil unserer Seele vor Augen führen, wie auch das Fehlen guter Taten, auf die wir uns berufen könnten. Unsere einzige Hoffnung ist die Barmherzigkeit Gottes all denen gegenüber, die an Ihn glauben und sich ihrer Unzulänglichkeiten bewusst sind.
Legen Sie beim Beten Ihre Seele mit allen ihren Abgründen vor Gott offen. Versuchen Sie sich nicht selbst zu rechtfertigen. Wenden Sie sich wie der Aussätzige an den Herrn: „Herr, wenn du es willst, dann kannst du mich reinigen“. Oder wie der Zöllner: „Herr sei mir Sünder gnädig“. Mit diesen und ähnlichen Beispielen hat der Herr uns aufgezeigt, was eine rechte Gesinnung der Seele bedeutet. Er hat uns ebenso gezeigt, dass nur aus solch einer Gesinnung heraus wahres Beten, das frei ist von geistlicher Verirrung, geboren wird. Auf ein solches Gebet hin senkt sich die Gnade Gottes auf den Betenden hinab und rechtfertigt einen Sünder wie auch den, dessen Seele voller Aussatz ist. (Der Zöllner kehrte gerechtfertigt heim, der Aussätzige wurde gereinigt).
Es gibt im seelischen Leben eines Christen zwei Perioden: 1.) man begreift seinen Verdorbenheit, seinen tiefen Sturz und seine Sündhaftigkeit und 2.) man arbeitet Schritt für Schritt an der Heilung seiner seelischen Wunden. Ohne die erste kann es die zweite nicht geben. Die erste führt oft zu einer aufrichtigen und tiefgegründeten Demut, die allein es möglich macht, Heilung zu erlangen und ohne Schaden in den Genuss anderer Gaben Gottes zu gelangen. Ohne Demut bringen diese einem Menschen nämlich nur Schaden und führen ihn ins Verderben.
Schöpfen Sie aus Büchern wie auch aus ihrer eigenen Erfahrung geistliche Erkenntnisse für den Weg zum Heil.
Möge der Herr Ihnen Einsicht in alles Gute schenken, Sie segnen und Sie von allem Bösen beschützen.
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Wie es scheint, sind Sie verbittert, dass die Jahre voranschreiten und Sie ihren Platz nicht gefunden haben. Dies alles sind Gedanken von dieser Welt und ihres Fürsten. Er möchte Sie erschrecken. Er verwirrt Ihre Gedanken, flößt Ihnen Angst ein und lügt. Er lügt ohne Ende, und so verrät er sich überall.
Worin besteht das Wesen des Christentums? Darin, dass der Allmächtige Schöpfer des Kosmos, der alles weiß, auf eine solche Weise den Menschen liebt und Mitleid mit ihm hat, so um ihn und sein Heil besorgt ist, dass er seinen Eingeborenen Sohn gab und diesen in Schande am Kreuz sterben ließ. Der Herr sorgt sich nicht nur um die Menschheit im Ganzen, sondern auch um jeden Menschen im Einzelnen. Jede Minute bereitet er über ihm seine Hand aus und schützt ihn vor den sichtbaren und unsichtbaren Feinden. Des Weiteren führt er ihn durch Menschen oder Bücher sowie durch besondere Lebensumstände zur Einsicht. Wenn es nötig ist, dass ein Mensch - sei es, damit er zu Einsicht gelange, oder zum Schutz, um ihn vor noch größerem Schaden zu bewahren - bestraft werden muss, dann tut er dies voller Barmherzigkeit. Später dann, wenn dieser Mensch die Strafe hat annehmen können, belohnt er ihn dafür reichlich, als ob er es bereuen würde, dass er diesen Menschen zunächst bestraft hat. Bei wem sich das innere Auge etwas aufgetan hat, der erkennt die wunderbare Sorge Gottes um den Menschen, sowohl im Großen wie auch im Kleinen. Ja, in der Tat: Wenn Gott um des Menschen willen das Kostbarste für Ihn, Seinen Sohn, als Opfer dargebracht hat, wie sollte Er dann nicht weiter alles geben? Die gesamte Schöpfung ist im Angesicht dieses Opfers nichts. Dem Herr ist nichts zu schade, besonders für die, die ihn suchen und sich darum bemühen, seine Gebote zu erfüllen. Er gibt alles für die, die wegen jeder ihrer Sünde im Herzen traurig werden, weil sie verstehen, dass sie den Willen Gottes verletzt haben, Ihm gegenüber unachtsam waren und Ihm keine Dankbarkeit und keine Liebe entgegengebracht haben.
„Wer zu Mir kommt, den werde ich nicht abweisen!“ (Joh. 6,37). Der Herr freut sich weitaus mehr als eine Mutter über die Liebe ihres Kindes zu ihr über jeden, der sich nach Ihm sehnt.
Haben Sie deshalb keine Furcht vor der Zukunft. Der Herr ist mit uns heute, wie auch morgen und das für immer. Fürchten Sie sich nur davor, Ihm mit irgendeiner Sünde zu betrüben. Wenn wir aus Schwäche in irgendeine Sünde tappen, dann sollten wir dies vor dem Herrn bereuen. Dann wird der Herr uns vergeben. Es ist nur nötig, das Böse (die Sünde) nicht bewusst zu wählen, sich weder zu rechtfertigen, noch seine Stimme gegen Gott zu erheben. Fürchten Sie nichts! Haben Sie Mut! Breiten Sie all ihren Kummer und alles, was sie nicht verstehen, ihre Ängste und Kränkungen (durch Dämonen und Menschen) vor dem Herrn aus, denn er möchte Sie von all dem befreien und weiß auch wie und wann es für Sie von größtem Nutzen ist.
Glauben Sie weder an sich selbst noch an die Menschen. Glauben Sie allein dem Wort Gottes, dem Evangelium. Studieren Sie das Evangelium anhand ihrer Erfahrungen im Leben. Ein Leben in Christo eröffnet Ihnen eine solche Fülle und eine solche Einsicht in alles! Es schenkt Ihnen eine solche geistliche Freude und Festigkeit, dass Sie erkennen werden, wie nichtig und uninteressant, armselig und bemitleidenswert, wie hektisch das Leben nach weltlichen Maßstäben doch ist, mit allen seinen kleinen Zankereien und Widrigkeiten und oft auch großen Leiden (so ist es ja auch in der Tat). Sie können sich glücklich schätzen. Bewahren Sie sich dieses Glück und danken Sie Gott dafür. Dann wird er Ihre Dankbarkeit noch größer werden lassen und seine Barmherzigkeit in vielfacher Weise über Sie ergießen, so viel sie ertragen können. So wird es sein, so möge es sein! Möge der Herr Sie beschützen und segnen!