Ein Frescoausschnitt mit der Darstellung des Heilungswunders
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!
Im Herrn geliebte Brüder und Schwestern, heute haben wir die wunderbare Botschaft über die wundersame Heilung des Dieners des römischen Hauptmanns durch unseren Herrn Jesus Christus gehört. Der Hauptmann aus Kapernaum, dessen Diener Jesus Christus geheilt hat, ist eine strahlende und gütige Persönlichkeit, die uns in vielerlei Hinsicht als Beispiel für unsere Errettung dienen kann. Dieser Mann war ein Heide, aber er wurde vor Gott mit einem solchen Glauben gefunden, dass sich Christus selbst wunderte: ein solcher Glaube, so bezeugte der Erlöser, hat Er in ganz Israel nicht gefunden.
Worin genau bestand der besondere Glauben des Hauptmanns von Kapernaum,
von dem Christus, unser Erlöser, so überrascht war und was können wir von ihm lernen?
Insbesondere drückte sich in der Bitte des Hauptmanns um die Heilung seines Dieners, ein von Herzen kommender und fester Glauben an die Allmacht Jesu Christi aus: “Da antwortete der Hauptmann: Herr, ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst; sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund. Auch ich muss Befehlen gehorchen und ich habe selber Soldaten unter mir; sage ich nun zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es.” (Mt 8, 8-9). Der Hauptmann hätte auch so argumentieren können, dass Christus der Herrscher der ganzen Welt ist, der ihr Seine Kräfte und die Gaben Gottes vermittelt. “Du bist der allmächtige Wundertäter, auf Dessen Wort hin sich alles erfüllt, was immer Du willst.”
Dies ist der feste Glaube an die Allmacht Jesu Christi, der dem Erlöser so wohlgefällig und angenehm ist. Solch einen Glauben forderte Er in erster Linie von allen, die sich mit diesem oder jenem Bedürfnis, mit dieser oder jener Bitte an Ihn wandten: “Glaubt ihr, dass ich euch helfen kann?... Wie ihr geglaubt habt, so soll es geschehen.”(Mt 9,28f.).
Auch von uns, liebe Brüder und Schwestern, wenn wir möchten, dass unsere Bitten auf Erden von Gott erhört werden, fordert Christus zuallererst, dass wir eine herzliche, lebendige und feste Überzeugung besitzen, dass Gott überall ist, alles sieht, alles weiß, dass Er weise, allgewaltig und allmächtig ist, und dass Er außerdem gut, barmherzig und
voller Liebe ist. Deshalb kann und will Er unsere an Ihn gerichteten Bitten erfüllen. Dem Herrn ist es wohlgefällig und angenehm, wenn wir Ihn ehren und verherrlichen, indem wir Seine Größe bekennen und durch unseren festen Glauben dieses Bekenntnis bekräftigen.
Das Wort Gottes sagt es uns wahrheitsgemäß. “Wenn jemand zu diesem Berg sagt: Heb dich empor und stürz dich ins Meer!, und wenn er in seinem Herzen nicht zweifelt, sondern glaubt, dass geschieht, was er sagt, dann wird es geschehen.” (Mk 11,23). “Wer bittet, soll aber voll Glauben bitten und nicht zweifeln; denn wer zweifelt, ist wie eine Welle, die vom Wind im Meer hin und her getrieben wird. Ein solcher Mensch bilde sich nicht ein, dass er vom Herrn etwas erhalten wird.” (Jak 1,6f.). “ Mein Gerechter aber wird durch den Glauben leben; doch wenn er zurückweicht, habe ich kein Gefallen an ihm.” (Hebr 10,38), spricht Gott. Lernen wir vom Hauptmann einen lebendigen, festen Glauben, ohne Zögern, Zweifel oder Doppelsinnigkeit.
Außerdem wurde in der Bitte des Hauptmanns ein demütiger Glaube offenbar, der Glaube
eines Mann, der von dem tiefen Bewusstsein seiner Unwürdigkeit durchdrungen ist. Jesus
Christus wollte persönlich zum kranken Diener des Hauptmanns gehen, aber der Hauptmann sagte zu Ihm: “Herr, ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst; sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund.“ (Mt 8,8). Sehen Sie, welche Demut, welches Bewusstsein seiner Bedeutungslosigkeit vor dem allmächtigen Heiland der Zenturio zeigte! In der Tat ist ein von Herzen kommender, fester und wahrer Glaube notwendig mit Demut verbunden.
Wo die Allmacht und Größe Gottes erkannt wird, wird zugleich die Geringfügigkeit des Menschen vor dieser Allmacht und Größe offensichtlich eingestanden.
Auch uns, liebe Brüder und Schwestern, wenn wir uns mit irgendeiner Bitte an Gott zu tun haben, sollte man sich seiner Unwürdigkeit demütig bewusst sein, seiner Ohnmacht und Schwäche, seiner Bedeutungslosigkeit und seines Elends, und nicht zu denken, dass wir vor Gott etwas bedeuten, dass wir auf irgendeine Weise sein Erbarmen verdienen. All diese stolzen Gedanken müssen vertrieben werden, denn sie sind der Grund, warum Gott unsere Bitten nicht erfüllt. Der heilige Apostel Petrus schreibt: “Denn Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade.” (1 Petr 5,5) “So spricht der Herr: Ich blicke auf den Armen und Zerknirschten und auf den, der zittert vor meinem Wort.” (Jes 66,2).
Letztlich offenbarte sich in der Bitte des Hauptmanns ein Glaube, der eng mit der
Liebe zum Nächsten verbunden ist. Aus dieser Liebe, aus Mitgefühl zum Nächsten, nicht
zu einem Verwandten, sondern zu einem Fremden, seinem Diener, sorgt und bemüht sich der Hauptmann und demütigt sich vor dem Erlöser. “Herr, mein Diener liegt gelähmt zu Hause und hat große Schmerzen.” (Mt 8, 6), ruft der bescheidene, für die Leiden des Nächsten sensible Hauptmann den Heiland an.
Auf diese Liebe reagierte auch alsbald die Göttliche Liebe und drückte sich sofort in der
Bereitschaft aus, die Bitte des Glaubens zu erfüllen.
Und bei uns, liebe Brüder, kommt es oft vor, dass wir uns mit Bitten an Gott wenden,
aber gleichzeitig Feindschaft und Bosheit gegen unseren Nächsten in uns tragen.
Es kommt auch vor, dass sich Menschen (wenn auch nur wenige) an Gott wenden und
ihn bitten, die Feinde durch Katastrophen und Unglück zu bestrafen. Und wie könnten wir erwarten, dass der Herr unsere Bitten erhört und erfüllt sie, wenn Er doch sagt: “Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.” (Mt 6, 14 f.)
Es kommt vor, dass, obwohl es keine Feindschaft und Bosheit gegenüber unserem Nächsten in unseren Herzen gibt, trotzdem in unseren Seelen während unserer Gebete Kälte und Gleichgültigkeit gegenüber den Bedürfnisse anderer herrscht und wir ihnen kein Erbarmen erweisen, obwohl wir dies tun könnten. Mit welchen Gedanken und in welchem Geist wenden wir uns dann an den Herrn mit den Bitten um unsere Nöte? Sich nur auf seinen eigenen Glauben verlassend? Aber nur der Glaube, der mit Liebe wirkt (Gal 5,6), besitzt in den Augen Gottes einen Wert. Und von denen, die nicht barmherzig sind, heißt es: “Denn das Gericht ist erbarmungslos gegen den, der kein Erbarmen gezeigt hat.” (Jak 2,13).
Wenden wir uns also, liebe Brüder und Schwestern, an Gott mit unseren Bitten
mit einem lebendigen und von Herzen kommenden Glauben ohne Zweifel, einem Glauben, der sich in Liebe ergießt und erfüllt ist von einer innigen Zuwendung zu unseren Nächsten. Dann wird der Herr unsere Bitten erhören und sie erfüllen, denn Er selbst hat gesagt: “Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.” (Mt 6,33). Amen.
Archimandrit Kirill (Pawlow) aus dem Jahre 1964
Übersetzung aus dem Russischen
Quelle: Архимандрит КИРИЛЛ “ИЩИТЕ ПРЕЖДЕ ЦАРСТВИЕ НЕБЕСНОЕ”
© Московское Подворье Свято-Троицкой Сергиевой Лавры. 2000